Wi-Fi 7 – Standard für Superlative
Author: Joachim Geiger
Wi-Fi 7 setzt Maßstäbe im Hinblick auf Schnelligkeit, Datenkapazitäten und Zuverlässigkeit. DEKRA spielt eine Schlüsselrolle bei der globalen Einführung des neuen Funkstandards – mit Prüfungen der Konnektivität und Interoperabilität, die in von der Wi-Fi Alliance eigens autorisierten Prüflaboren durchgeführt werden.
Seit Anfang des Jahres gibt es bei den Luftschnittstellen für lokale Funknetzwerke einen neuen Standard, der sogar für Anwendungen mit hoher Bandbreite in dichten Umgebungen eine ausgezeichnete Performance verspricht. „Wi-Fi 7 wird das Benutzererlebnis erheblich verbessern. Der neue Standard ermöglicht deutlich höhere Geschwindigkeiten, reduzierte Latenz und verbesserte Zuverlässigkeit. Dies wird die Entwicklung einer Vielzahl innovativer Anwendungen ermöglichen“, erklärt Lourdes Sánchez, Director of Connectivity bei DEKRA Testing und Zertifizierung, S.A.U. im spanischen Malaga. Mögliche Einsatzgebiete sind demnach ultrahoch auflösende Videos, Virtual Reality und Augmented Reality, aber auch elektronische Spiele und das industrielle Internet der Dinge.
DEKRA ist das erste akkreditierte Prüflabor für die Wi-Fi 7-Zertifizierung in Europa
DEKRA übernimmt bei der Zertifizierung mit dem Gütesiegel Wi-Fi CERTIFIED eine Schlüsselrolle. Die Expertenorganisation ist nämlich das erste Prüflabor, das von der Wi-Fi Alliance gleichzeitig die Genehmigung zur Zertifizierung von Wi-Fi 7-Geräten an drei Standorten erhalten hat: Guangzhou (Festlandchina), Taiwan und Malaga. „Wir freuen uns, das erste Labor in Europa zu sein, das für die Zertifizierung von Wi-Fi 7-Produkten akkreditiert ist. Dieser Meilenstein spiegelt unsere Agilität bei der Integration neuer Dienste wider und zeigt das Engagement von DEKRA für Innovation“, berichtet Lourdes Sánchez. Mittlerweile hat sich auch das als Autorisiertes Testlabor (ATL) der Wi-Fi Alliance qualifizierte DEKRA Produktprüflabor in Stuttgart (Deutschland) dieser exklusiven Dreier-Riege angeschlossen. DEKRA erweitert damit den Fokus seiner Wi-Fi-Prüfleistungen gezielt auf die Sparte Automotive. Automobilhersteller und Zulieferer dürften von diesem strategischen Schritt profitieren. „Das neue Wi-Fi-Labor unterstreicht unser Engagement, die Technologieentwicklung im Automobilsektor mit Prüf- und Zertifizierungslösungen zu unterstützen, die für mehr Sicherheit im Ökosystem der Mobilität sorgen“, betont Stan Zurkiewicz, CEO von DEKRA. Konnektivitäts-Technologien wie Wi-Fi seien besonders wichtig für das automatisierte und vernetzte Fahren, bei dem eine zuverlässige Verbindung für die nahtlose Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur entscheidend ist.
Der neue Wi-Fi-Standard setzt Maßstäbe mit neuen und verbesserten Technologien
Aber was ist wirklich dran an Wi-Fi 7? Setzt der neue Standard wirklich neue Maßstäbe? „Wi-Fi 7 funkt auf den Frequenzbändern 2,4 und 5 GHz sowie auf 6 GHz. Das ist für sich genommen nicht neu. Zudem kommen bei Wi-Fi 7 auch Technologien zum Einsatz, die in der einen oder anderen Form bereits in anderen Versionen des 802.11-Standards zu finden sind“, erklärt DEKRA Expertin Sánchez. Der entscheidende Punkt sei, dass die Entwickler die Möglichkeiten der Technik durch die Kombination neuer Technologien mit Upgrades vorhandener Lösungen konsequent ausreizen. Eine völlig neue Technologie, die erstmals bei Wi-Fi 7 zum Einsatz kommt, ist zum Beispiel die Multi Link Operation (MLO). Im Prinzip ermöglicht MLO das gleichzeitige Senden und Empfangen von Daten über mehrere Frequenzbänder. Im Heimnetzwerk etwa könnte ein Router eine Verbindung zu einem Smartphone oder einer Spielekonsole über jeweils einen Kanal im 2,4, 5 und 6-Ghz-Band herstellen und die anstehenden Datenpakete gleichzeitig auf mehreren Frequenzbändern auf die Reise schicken. Auf diese Weise soll Wi-Fi 7 vor allem die Leistung steigern und die Zuverlässigkeit im Datentransfer verbessern.
Man könnte sich die Datenübertragung bei Wi-Fi 7 über die verschiedenen Frequenzbänder auch als eine Art Verkehrssystem veranschaulichen. In diesem Fall würden eine einspurige Landstraße (2,4 GHz), eine zweispurige Autobahn (5 GHz) und eine Hochgeschwindigkeitsstrecke mit bis zu sieben Fahrspuren (6 GHz) nebeneinander liegen. Die Fahrbahnen selbst warten mit unterschiedlicher Breite (Kanalbreite) auf, wobei für Wi-Fi 7 die Fahrspuren der Hochgeschwindigkeitsstrecke eigens auf die doppelte Breite (320 MHz) ausgebaut wurden. Allerdings führt Wi-Fi 7 nicht nur die Infrastruktur, sondern auch den Transport und die Verkehrssteuerung auf eine höhere Stufe. Die Fahrzeuge (die Signale), die auf den unterschiedlichen Strecken unterwegs sind, wurden verbessert und die jeweilige Ladung (die Daten) optimal gepackt und verstaut. Kommt es auf einem Streckenabschnitt zu einem Stau, kann der Verkehr im Handumdrehen von einer Strecke auf die andere umgeleitet oder auf mehrere Strecken verteilt werden (MLO). Bei einer Störung auf einer Fahrspur – etwa einer Baustelle – würde der entsprechende Abschnitt rechtzeitig gesperrt und eine Umgehung über die verbleibenden Fahrspuren eingerichtet – der Verkehr kann weitgehend ungehindert weiter fließen.
Mit der Zertifizierung nach Wi-Fi 7 kommt auf die Prüflabore jede Menge Arbeit zu
Ein typisches Beispiel für Upgrades der vorhanden Technologie ist die Kanalbreite im 6 Ghz-Frequenzband. Die Kanalbreite im 6 Ghz-Band wurde von 160 MHz auf 320 MHz ausgebaut, was einerseits die Kapazität für die Datenübertragung, andererseits die Geschwindigkeiten für die miteinander verknüpften Gerate verdoppelt. Die sogenannte Quadraturamplitudenmodulation (QAM) wiederum ist eine bereits in früheren Standards bewährte Technik, die die Effizienz und Kapazität der Datenübertragung in drahtlosen Netzwerken verbessert. Bei Wi-Fi 6 liegt die Modulationsrate bei 1024 QAM, bei Wi-Fi 7 dagegen bei beachtlichen 4096 QAM. Die Folge sind eine deutliche Erhöhung der Datenübertragungsrate und damit ein höherer Durchsatz im Netzwerk.
„Im Ergebnis führt das Zusammenspiel hoch entwickelter Technologien zu spektakulären Leistungen. Bei gleicher Funkkonfiguration dürfte Wi-Fi 7 im Vergleich zu Wi-Fi 6 eine bis zu 2,4-fach höhere Datenübertragungsgeschwindigkeit erreichen“, erklärt Lourdes Sánchez. Es liegt natürlich auf der Hand, dass Wi-Fi 7 eine neue Generation von Routern, Tablets, PCs und Smartphones hervorbringt. Die Wi-Fi Alliance geht davon aus, dass ihre Mitglieder im Jahr 2024 mehr als 233 Millionen elektronischer Geräte auf den Markt bringen. Bis 2028 soll diese Marke auf 2,1 Milliarden steigen.
Das Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) – ein weltweit aktiver Berufsverband von Ingenieuren, Technikern und Wissenschaftlern – ist die maßgebliche Institution für die Definition und Entwicklung von Funkstandards. Der neueste Standard IEEE 802.11be ist im Hinblick auf Datendurchsatz, Effizienz und Datensicherheit der evolutionäre Höhepunkt von mehr als einem Dutzend Ableitungen des 1997 erstmals eingeführten Standards IEEE 802.11. Dass IEEE-Standards wie 802.11ac (Einführung 2013), 802.11ax (Einführung 2019) und 802.11be (Einführung 2024) heute eher unter ihren Markennamen Wi-Fi 5, Wi-Fi 6 und Wi-Fi 7 bekannt sind, darf sich ein 1999 gegründeter Interessenverband von Entwicklern, Herstellern und Verkäufern von Produkten für den Einsatz in der drahtlosen Kommunikation ans Revers heften: Die Wi-Fi Alliance ist gewissermaßen die Hüterin des IEEE-Standards – sie hält nicht nur die Namensrechte für den Begriff Wi-Fi, sondern verantwortet unter anderem auch das Zertifizierungsprogramm „Wi-Fi CERTIFIED“, das die Interoperabilität zwischen Wi-Fi-Geräten gewährleistet und für den entsprechenden Nachweis das Wi-Fi CERTIFIED-Logo vergibt.
Gut zu wissen: WLAN und Wi-Fi
Im deutschsprachigen Raum ist in Sachen Netzwerktechnologien häufiger von WLAN die Rede – dem Wireless Local Area Network. WLAN und Wi-Fi werden dann in der Regel synonym verwendet – was nicht ganz richtig wäre. Zwar handelt es sich hier wie dort um ein lokales Netzwerk. Auch kann ein WLAN ebenso wie Wi-Fi technisch auf dem Standard IEEE 802.11 aufbauen. Allerdings kann es vorkommen, dass dieser Standard nicht komplett umgesetzt oder durch Erweiterungen verändert wurde. Wi-Fi dagegen baut verbindlich auf einem IEEE-Standard auf und verfügt darüber hinaus über eine Zertifizierung, die die jeweilige technische Lösung bestätigt. Unterm Strich bedeutet dies, dass jedes Wi-Fi ein WLAN ist, aber nicht jedes WLAN ein WiFi.