Erkenntnisse aus dem DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2023
Wenn Technik überfordert, statt zu helfen
Die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft hat längst auch die Cockpits in Fahrzeugen erreicht. Wo noch vor wenigen Jahren physische (Dreh-)Schalter und Knöpfe mit haptischem Feedback zur Interaktion zwischen Fahrer und Fahrzeug dienten, überwiegen in modernen Fahrzeugen Touchdisplays und berührungssensitive Schaltflächen. Die entscheidende Frage in diesem Zusammenhang: Führt diese Entwicklung möglicherweise zu einem erhöhten Risiko im Straßenverkehr? Nicht selten ist die Erreichbarkeit von Bedienelementen erschwert, wenn sie irgendwo im Menü versteckt sind. Das Suchen und Finden sorgt für Ablenkung – besonders in Fahrzeugen, mit denen man nicht vertraut ist. „Diese Gefahr besteht durchaus“, warnt DEKRA Verkehrspsychologe Dr. Thomas Wagner. Für den DEKRA Verkehrssicherheitsreport 2023 „Technik und Mensch“, der zahlreiche Problemfelder im Bereich der Mensch-Maschine-Schnittstelle näher beleuchtet, hat die Expertenorganisation unter anderem eine Probandenstudie in unterschiedlichen Cockpits durchgeführt.
- Probandenstudie zeigt Schwierigkeiten in modernem Fahrzeug-Cockpit
- Heutige Bedienkonzepte erfordern häufig intensive Einarbeitung
- Standardisierung sicherheitsrelevanter Bedienfunktionen unabdingbar
Um aufzuzeigen, welche Herausforderungen moderne Bedienkonzepte in heutigen Fahrzeugen tatsächlich mit sich bringen, hat die DEKRA Unfallforschung in einem Test 80 Personen vor sicherheitsrelevante Bedienaufgaben in zwei Versuchsfahrzeugen gestellt. Exemplarisch wurden hierfür zwei Generationen eines Modells mit hohen Verkaufszahlen und Neuzulassungen in Deutschland ausgewählt. So war sichergestellt, dass die Probanden nicht mit zwei vollkommen unterschiedlichen Bedienphilosophien konfrontiert werden. Die beiden Versuchsfahrzeuge hatten einen Altersunterschied von zehn Jahren (Baujahre 2012 und 2022). Die Versuche wurden im Stand bei eingeschalteter Zündung durchgeführt.
Insgesamt war die Mehrheit der Probanden vom Bedienkonzept des neueren Versuchsfahrzeugs verwirrt. Beklagt wurden die Reaktionszeit des Touchdisplays und der berührungssensitiven Schaltflächen ebenso wie das fehlende haptische Feedback insbesondere der sensitiven Schaltflächen. Der Lernaufwand, den die neuen Bedienkonzepte von den Fahrern verlangen, wird von den Probanden als recht hoch eingeschätzt – insbesondere für ältere Menschen. Speziell für Menschen, die eine Lesebrille tragen, kann das moderne Bedienkonzept auch ein sicherheitsrelevantes Problem darstellen. Denn ohne diese Brille erkennen sie die Bedienelemente nicht, mit dieser Brille können sie aber dem Verkehrsgeschehen nicht mehr folgen, weil sie auf größere Entfernungen praktisch nichts mehr sehen.