Pflegekräfte aus dem Ausland: Kommen, helfen, bleiben

Author: Georg Weinand

28. Aug. 2024 Work / Personnel / Management & Organisation

In wirtschaftlich entwickelten Ländern kommen Pflegekräfte immer häufiger aus dem Ausland und müssen vor Ort erfolgreich integriert werden. Ein Beispiel dafür, wie man diese Herausforderung meistern kann, zeigt die Partnerschaft der Victor’s Group aus München mit DEKRA Expert Migration.

Der Mangel an Fachkräften im Pflegebereich ist ein globales Problem, unter dem die meisten wirtschaftlich entwickelten Länder dieser Welt leiden. So könnte der Mangel an Pflegekräften in den USA laut American Nurses Association (ANA) beispielsweise bis 2026 auf über eine Million anwachsen. Für Deutschland variieren die Schätzungen für das Jahr 2030 je nach Erhebung zwischen 180.000 und 300.000 fehlenden Pflegekräften. Für 2049 geht das Statistische Bundesamt von insgesamt 2,15 Millionen benötigten Pflegekräften aus.
Die Gründe für den Missstand sind vielfältig: Die Industrieländer haben meist eine alternde Bevölkerung, was den Bedarf an Pflegekräften erhöht. Nicht selten sind die Ausbildungskapazitäten jedoch begrenzt. Arbeitskräfte im Pflegebereich sind außerdem häufig starken physischen und emotionalen Belastungen ausgesetzt. Auch fehlt es meist an attraktiven Verdienstmöglichkeiten sowie gesellschaftlicher Anerkennung.

Internationale Suche nach Pflegekräften

Kein Wunder also, das allerorten Lösungsansätze diskutiert werden: Bessere Arbeitsbedingungen, höhere Gehälter, mehr Ausbildungskapazitäten sowie die internationale Rekrutierung von Pflegekräften werden dabei ins Spiel gebracht.
DEKRA Expert Migration setzt für den deutschen Markt ebenfalls auf einen internationalen Rekrutierungsansatz und unterstützt Arbeitgeber der Akut- und Langzeitversorgung bei der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern aus dem Ausland. Simone Ludl, Vertriebsleiterin bei DEKRA Expert Migration, weiß, für wen internationales Recruiting lohnend sein kann: „Der Arbeitgeber sollte eine gewisse Größe haben, um ausreichend interne Ressourcen für das Onboarding und die nachhaltige Integration bereitstellen zu können. Im Klinikbereich fangen Häuser meistens ab einer Größe von 200 Betten an, über internationale Rekrutierung nachzudenken.“

Mundpropaganda kann nützlich sein

Eine gute Einarbeitung macht es dabei nicht nur den Pflegekräften einfacher, sich vor Ort einzugewöhnen, sondern spricht sich auch im positiven Sinne herum: „Immer öfter sagen Interessierte sofort, dass sie zu einem bestimmten Träger möchten, weil es dort offensichtlich ein tolles Arbeitsklima und beim Einstieg viel Unterstützung gibt“, schildert Ludl. Unterstützung bedeute allerdings nicht nur die Einarbeitung im neuen Job. Auch die Hilfe bei der Integration ins Team und ins neue soziale und kulturelle Umfeld sei wichtig. Dazu gehöre auch, dass man nicht einzelne Personen aus einem Land einstellt: „Wir empfehlen, mindestens fünf Pflegekräfte aus einem Land zu rekrutieren. Die neuen Arbeitskräfte müssen ihre Familie und ihr soziales Umfeld verlassen, das fällt leichter, wenn sie diesen Schritt zusammen mit Landsleuten machen, die sie bereits vom Sprachkurs her kennen“, sagt Ludl.
Zu Beginn des mehrstufigen Bewerbungsprozesses werden von DEKRA anhand der Anforderungen der Arbeitgeber zunächst passende Bewerberprofile ausgesucht. Die Kandidatenauswahl findet entweder direkt vor Ort im Heimatland oder online statt. Die Kandidatinnen und Kandidaten befinden sich zum Zeitpunkt der Vorstellungsgespräche zwischen dem A2 und B1 Sprachniveau. Die Zeitdauer des weiteren Spracherwerbs sowie die Organisation der erforderlichen Dokumente bis zur Bewilligung des Visums sind dann jene Unwägbarkeiten, die dazu führen, dass es schon mal ein Jahr oder auch länger dauern kann, bis die Pflegekraft tatsächlich mit der Arbeit in Deutschland beginnen kann. „Deshalb ist auch das Preboarding so wichtig. Es geht ja einige Zeit vom Vorstellungsgespräch bis zur Einreise ins Land. In dieser kritischen Phase halten wir in enger Kooperation mit unseren Kunden den Kontakt zu den Pflegekräften. Mit einem Preboarding-Konzept, das auch Maßnahmen wie Online-Meetings oder Newsletter beinhaltet, stärken Arbeitgeber die Bindung an die zukünftigen Mitarbeitenden“, erklärt Simone Ludl.

Victor’s Group vertraut auf DEKRA

Ein Beispiel für gute Erfahrungen mit internationaler Rekrutierung von Pflegekräften ist die Victor’s Group mit Sitz in München, die 120 Seniorenresidenzen in ganz Deutschland betreibt. Das Unternehmen greift bei der internationalen Rekrutierung auf die Unterstützung von DEKRA Expert Migration zurück und ist bereits seit 2016 auf internationalen Bewerbermärkten aktiv. Jedes Jahr stellen die Münchner zwischen 250 und 350 Personen aus dem Ausland mit unterschiedlichen Qualifikationsniveaus ein.
Daniel Klein, Leiter Human Resources International bei Victor’s Group, weiß um die Bedeutung des Onboardings: „Alle neuen Pflegekräfte besuchen bei uns einen vierwöchigen Onboarding-Kurs. Er beinhaltet noch einmal einen Intensivsprachkurs und eine Einführung in das deutsche Gesundheitswesen.“ Neben der Sprache ist für Klein die persönliche Motivation der entscheidende Faktor für eine erfolgreiche Rekrutierung der Pflegekräfte: Ich habe lieber jemanden, der motiviert und engagiert in seinem Job ist und der weniger Fachkenntnisse aufweist als umgekehrt. Denn daraus resultieren die längeren, zufriedeneren und reibungsloseren Beschäftigungsverhältnisse“, ist sich der Personalexperte sicher.

Es kommen Menschen

Erst nach dem Onboarding beginne die Einarbeitung am jeweiligen Standort. In der Regel seien die Führungskräfte vor Ort verantwortlich, gemeinsam mit Praxisanleitern oder erfahrenen Fachkräften. „Wir führen gerade auch Mentoren ein, die an einzelnen Standorten schon tätig sind. Wir gestalten den Ablauf äußerst individualisiert. Das ist aufwendiger als ein standardisierter Prozess, aber so werden wir den internationalen Kollegen besser gerecht“, erläutert Klein. Für Pflegekräfte deren Abschlüsse in Deutschland voll anerkannt sind, beginnt danach der Arbeitsalltag. Alle anderen arbeiten die ersten Monate bis zum Bestehen der Fachkenntnisprüfung als Pflegehelfer. „Die Kurse für die Fachkenntnisprüfung organisiert ebenfalls DEKRA Expert Migration. Die Vorbereitung dauert mehrere Monate, danach bestehen die Pflegekräfte die Prüfung in der Regel auch“, erklärt Klein.
Als Träger der Altenpflege befindet sich die Victor’s Group dennoch in einer starken Konkurrenzsituation: „Wenn uns Mitarbeitende verlassen, ist meiner Einschätzung nach Geld der häufigste Grund. Meistens kommen die Pflegekräfte aus finanziellen Motiven nach Deutschland und oft sind weitere Personen von dem Einkommen abhängig. Und da sind wir als Träger der Altenhilfe oftmals nicht konkurrenzfähig mit den Löhnen in Krankenhäusern“, schildert Klein.
Deshalb sei es umso wichtiger, dass sich gerade Altenpflegeeinrichtungen überlegen, wie sie diesen Mangel ausgleichen können. Der Tipp von Daniel Klein: „Ich empfehle, zu definieren, welche positiven Anreize es gibt, aber auch welche vertraglichen Möglichkeiten, um die Pflegekräfte langfristig zu binden. Voraussetzung dafür ist eine transparente Kommunikation von Beginn an.“