Ladungssicherung: Keine Gefahr durch die Fracht

Author: Michael Vogel

26. Juni 2024 Sicherheit im Verkehr / Transport & Verkehr / EU regulations

Ladungssicherung spielt eine zentrale Rolle für die Verkehrssicherheit. Beim Ziel, schwere Lasten sicher zu transportieren, hat es in den vergangenen zwei Jahrzehnten auf Europas Straßen viele Fortschritte gegeben.

Ein unbedacht beladener Transporter, hinten drauf das Mobiliar eines Umzugs, unter anderem eine Waschmaschine. Als er mit 56 Kilometern pro Stunde auf ein Stauende auffährt, wird das Mobiliar so heftig nach vorne geschleudert, dass etwa ein Beifahrer, auf den von hinten die Waschmaschine aufgeprallt wäre, keine Überlebenschance gehabt hätte. Glücklicherweise handelte es sich nur um eine Demonstration im Rahmen des DEKRA Safety Day 2017 in Bielefeld – doch die veranschaulichten Gefahren sind sehr real: Falsch gesicherte Ladung kann gefährlich werden, wenn nicht sogar lebensgefährlich.

Unfallzahlen durch schlecht gesicherte Ladung sinken

„Bei einschlägigen Verkehrskontrollen ist ein typischer Fehler, der immer wieder auffällt, dass die zu befördernde Last nur durch den Fahrzeugaufbau gehalten wird und keine zusätzliche Sicherung hat, obwohl sie nötig wäre“, sagt Martin Kugele, Unfallanalytiker mit dem Schwerpunkt Ladungssicherung bei DEKRA. Über die Gründe für solche Fehler und ihre Häufigkeit mag der Experte nicht spekulieren, „Statistiken gibt es dazu wenige“. Die gute Nachricht: In den vergangenen zwei Jahrzehnten haben verbesserte rechtliche Vorgaben, technische Verbesserungen, einschlägige Schulungen und ein wachsendes Bewusstsein dazu beigetragen, dass die Zahl der Unfälle, die durch eine unzureichende Sicherung der Ladung passieren, gering ist. „Die Zahl solcher Unfälle mit Personenschäden liegt zum Beispiel im Transitland Deutschland über die Jahre laut Statistischem Bundesamt nur noch im unteren Hunderterbereich“, sagt Kugele. Offiziell dokumentierte Zahlen für Europa sind relativ alt, 2010 veröffentlicht von der European Agency for Safety and Health at Work (EU-OSHA) unter Berufung auf nationale Gremien: Demnach fand das österreichische Kuratorium für Verkehrssicherheit in den Nullerjahren heraus, dass vor allem Kleinlastwagen in Unfälle, die durch unzureichende Ladungssicherung passieren, verwickelt waren. Zudem hätten 40 Prozent aller Lkw unzureichende, unsachgemäße oder keine Sicherung. Etwa 70 Prozent der Berufskraftfahrerinnen und Buskraftfahrer seien nie in Sachen Ladungssicherung geschult worden. Den Deutschen Verkehrssicherheitsrat wiederum zitierte die EU-OSHA damals mit einer Zahl der jährlich durch unzureichende oder unsachgemäße Ladungssicherung verunfallten Lkw in Deutschland: etwa 2.300.

Bessere Ladungssicherung in den letzten 20 Jahren

Seitdem hat sich viel getan. Maßgebliche Schritte auf dem Weg zu einer verbesserten Ladungssicherung in den vergangenen zwei Jahrzehnten sind in Kugeles Augen das Inkrafttreten der europäischen Normen EN 12642 und EN 12195 gewesen. Erstere regelt die Festigkeit von Fahrzeugaufbauten, letztere die Verzurrung der Fracht. „Im Rahmen der EN 12642 wurde dann 2007 und 2017 die Bestimmungen für Fahrzeugaufbauten nochmals wesentlich verschärft, um bestimmte Ladungen ohne zusätzliche Sicherung risikolos transportieren zu können“, sagt Kugele. Aber auch diese verstärkten Aufbauten können nicht jede beliebige Ladung ohne zusätzliche Sicherung halten. Auch Lkw-Kontrollen durch Polizei und Behörden tragen zu einem Mehr an Sicherheit bei, die zum Beispiel in Ländern wie Belgien, Deutschland und den Niederlanden routinemäßig stattfinden.
DEKRA Experten begutachten im Rahmen solcher Lkw-Kontrollen die Ladungssicherung, teilweise erstellen sie im Nachhinein Gutachten dazu – dann für zu beanstandende oder auch für verunfallte Fahrzeuge. „Des Weiteren beraten wir Speditionen und Verlader bei der Ladungssicherung, prüfen zum Beispiel die Eignung von Fahrzeugaufbauten vorab“, so Kugele. DEKRA bietet durch praktische Erprobungen umfassende Unterstützung bei der Optimierung von Fahrzeugen und auch von Methoden und Mitteln der Ladungssicherung. Dafür steht auch eine Stützachse für einen Sattelauflieger zur Verfügung – sozusagen Stützräder für den Lkw. „So können wir dynamische Fahrtests im Grenzbereich durchführen“, erklärt Kugele. „Mit solchen Versuchen konnten wir auch bereits maßgeblich zur Entwicklung der Normen beitragen.“

Last richtig sichern und Last richtig verteilen

Wenn Lkw anfahren, bremsen oder Kurven fahren, wirken Kräfte, die die Fracht verschieben können. Die VDI-Richtlinie 2700 sieht vor, dass die Ladungssicherung so ausgelegt sein muss, dass die Ladung beim Bremsen das 0,8-fache des Frachtgewichts halten können muss. Beim Anfahren und bei Kurvenfahrten muss es das 0,5-fache sein.
Auch die Lastverteilung spielt eine wesentliche Rolle für die Fahrsicherheit. Liegt die Last zum Beispiel bei einem Sattelauflieger zu weit hinten, kann die Zugmaschine nicht mehr genügend Bremswirkung entfalten, weil die Reifen ihrer Hinterachsen nicht mehr den maximalen Grip haben. Der Sattelzug kann einknicken. Ist beim gewöhnlichen Lkw die Last zu weit hinten, wird die Vorderachse stark entlastet, sodass die Lenkung beeinträchtigt sein kann. Um das zu vermeiden, hilft ein Lastverteilungsplan, „den eigentlich die Hersteller der Aufbauten bei Auslieferung beilegen“, sagt Kugele. Gesetzlich verpflichtend ist das in Europa aber nicht.
Übrigens ist das Thema Ladungssicherung nicht nur etwas für Profis, wie das Beispiel vom DEKRA Safety Day zeigt. Auch bei privaten Fahrten gelten die Richtlinien zur Ladungssicherung: etwa beim Umzug oder bei der Fahrt vom Möbelhaus oder Baumarkt nach Hause. Selbst wenn nicht kontrolliert wird, ist es wichtig, sich und seine Mitfahrer vor ungesicherten Ladungsteilen zu schützen.
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