Klimabilanz: Nach der Studie ist vor der Studie
Author: Joachim Geiger
Städte und Veranstalter tragen Verantwortung für die Klimabilanz ihrer Großveranstaltungen. Die entscheidende Frage für alle Stakeholder ist, wie die Bilanz der Treibhausgasemissionen ausfällt. Die Nachhaltigkeitsexperten von DEKRA wissen darauf Antworten.
Die Klimastudie der DEKRA Assurance Services zur UEFA EURO 2024 ist seit dem Herbst letzten Jahres unter Dach und Fach: Im Auftrag der Universität Bielefeld haben die Nachhaltigkeitsexperten für das Bundesinnenministerium und die UEFA den Fußabdruck des Fußball-Großevents ermittelt.
Jetzt haben die DEKRA Nachhaltigkeitsexperten der Abteilung Sport & Events bereits neue Projekte für wissenschaftlich basierte Treibhausgasbilanzen im Blick. Der Bedarf für derlei Expertise ist groß, weil immer mehr Städte und Veranstalter dazu bereit sind, bei Großveranstaltungen auch die Verantwortung für die entstehenden Emissionen zu übernehmen – immerhin gehen Schätzungen davon aus, dass Events und Veranstaltungen bis zu zwei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes verursachen.
Viele Städte haben daher bereits die Weichen zur Vermeidung oder Reduktion von CO2-Emissionen gestellt. Das Repertoire der einschlägigen Maßnahmen reicht von der Förderung umweltfreundlicher Mobilität bis hin zur Einsparung von Energie und zur Minimierung von Abfällen. Gerade die Gastgeberstädte der UEFA EURO 2024 haben bei der Suche nach Einsparpotenzial Kreativität an den Tag gelegt – etwa mit Angeboten an veganen und vegetarischen Speisen aus ökologischem Anbau und fairem Handel, der Verwendung von Mehrweggeschirr für Getränke und Speisen sowie dem Einsatz von zertifiziertem Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen in den Fanzonen. Das Bekenntnis zu Verantwortung und Nachhaltigkeit kann mit möglichst exakten Aussagen über die konkrete Treibhausgasbilanz des entsprechenden Events untermauert werden – ein Tätigkeitsfeld für eine Expertenorganisation wie DEKRA.
Wie nah kann eine Klimabilanz an der Wirklichkeit dran sein?
Wie nah kann dann eine komplexe Klimastudie wie die zur EURO 2024 an der Wirklichkeit überhaupt dran sein? Eine gute Gelegenheit, bei den DEKRA Nachhaltigkeitsexperten Simon Fink (Senior Experte Nachhaltigkeit) und Moritz Weißleder (Produktmanager Nachhaltigkeit in Sport & Events) nachzuhaken.
Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Datenmaterial, auf dem sich die Studie aufbaut. „Je besser die Datenlage, desto besser lassen sich neue Ansätze und Verbesserungen der Ergebnisse verwirklichen“, weiß Moritz Weißleder. „Um die Genauigkeit der Treibhausgasbilanzen zu steigern, raten wir zu einer umfassenden Datenerhebung, was nach Möglichkeit auch die Erfassung spezifischer Verbräuche einschließt.“
Hilfreich wäre dazu aus seiner Sicht ein schon in der Planung gut abgestimmtes Management der an der Berechnung der Emissionen beteiligten Stakeholder. Vor allem die frühzeitige Einbindung der Dienstleister trage zu einer möglichst vollständigen Datenerhebung bei. In der Praxis lässt sich aber eine vollständige Datenverfügbarkeit nicht immer erreichen. Bei der Berechnung der Emissionen in den verschiedenen Gastgeberstädten hatten die DEKRA Experten zum Beispiel das Problem, dass die Daten zu den Verbräuchen in den Fanzonen nicht von allen Städten in vollem Umfang vorlagen. Die Emissionen mussten daher anhand der Besucherzahlen mit den Werten der anderen Gastgeberstädte hochgerechnet werden. Dieses Verfahren ist ein wissenschaftlicher Standard, wie Moritz Weißleder erklärt.
Welche Rolle spielt der Bilanzrahmen für das Ergebnis einer Klimastudie?
Und welche Erfahrungen nehmen die DEKRA Experten aus ihrem jüngsten Referenzprojekt mit? „Eine wichtige Stellgröße für künftige Studien ist der Bilanzrahmen“, sagt Simon Fink. Dabei geht es letztlich darum, was alles in die Betrachtung der Treibhausgasemissionen hineingehört. Auf den ersten Blick sind das etwa der Betrieb der Sportstätten, die Anreise der Sportler, Gäste und Hotelübernachtungen. Aber auch Abfälle und Wasserverbrauch tragen zur Umweltbilanz bei. Die DEKRA Experten favorisieren aber eine ganzheitliche Betrachtung: So könnten künftig – so gewünscht –Trikots, Teamwear, Bälle und weitere Turnier-Materialien und ihre Emissionen einbezogen werden, die im direkten Zusammenhang mit dem Turnier stehen.