Forschungsprojekt von DEKRA mit Unis in Marseille und Montréal

Hohes Verletzungsrisiko beim Sturz vom E-Scooter – Helm bietet einen gewissen Schutz

20. März 2025 Sicherheit im Verkehr

Ein Fahrradhelm kann den Kopf beim Sturz mit einem E-Scooter bis zu einem gewissen Grad schützen. Dennoch bleibt das Verletzungsrisiko hoch. Das ist das Ergebnis eines internationalen Forschungsprojekts der DEKRA Unfallforschung gemeinsam mit zwei Hochschulen. Die zunehmende Verbreitung von E-Scootern findet sich auch in der deutschen Unfallstatistik wieder. Im Jahr 2023 registrierte die Polizei fast 10.000 E-Scooter-Unfälle mit Personenschaden, 21 Menschen kamen dabei ums Leben. Gerade bei den schmerzhaften Alleinunfällen ist aber von einer sehr hohen Dunkelziffer auszugehen.

  • Direkter Anprall gedämpft, dennoch hohe Belastung für Nacken und Gehirn
  • Erste experimentelle Studie zu Kopfkinematik und Helm bei E-Scooter-Sturz
  • Ergebnisse geben auch mit Blick auf Normen für Helmtests zu denken
Im DEKRA Crash Test Center in Neumünster wurden zwei unterschiedliche Unfallkonstellationen bei 20 km/h simuliert. Dabei prallte der E-Scooter jeweils mit dem Vorderrad gegen einen Bordstein – einmal im rechten Winkel, einmal schräg zum Bordstein. Der mitfahrende Crash-Test-Dummy trug in einer Versuchsreihe einen Helm, in der anderen nicht. Bei den Stürzen wurden an verschiedenen Stellen im Dummy die biomechanischen Belastungen gemessen, die in einem solchen Szenario auf den Menschen einwirken. Forscherinnen und Forscher der Université Gustave Eiffel in Marseille (Frankreich) und der École de Technologie Supérieure in Montréal (Kanada) haben die Ergebnisse gemeinsam mit der DEKRA Unfallforschung ausgewertet.
„Im Kern lässt sich sagen: Der direkte Anprall mit dem Kopf wird zwar durch den Helm gedämpft. Gleichzeitig bleiben die Belastungen für den Nacken sowie für das Gehirn durch die Rotationsbewegung des Kopfes hoch“, erklärt Andreas Schäuble, Biomechanik-Experte der DEKRA Unfallforschung. „Das bedeutet, dass Helme die Schwere der Verletzungen verringern können, was ihre Verwendung eindeutig rechtfertigt. Das Auftreten von Hirnverletzungen bei solchen Aufprallszenarien können sie aber nicht in allen Fällen verhindern.“
Die Studie ist die erste, die die Kopfkinematik und die Wirksamkeit von Fahrradhelmen bei einem Sturz mit einem E-Scooter experimentell untersucht – mit insgesamt sechs einzelnen Crashs auf gleichem Geschwindigkeits-Niveau sowie mit einem einzelnen Helm-Modell ohne MIPS-System kann sie keine umfassende Aussagekraft für alle denkbaren Szenarien haben. „Wir haben mit dieser Versuchsreihe aber einen guten Ausgangspunkt für weitere Forschung geschaffen“, so Schäuble. „Wie schon in früheren Projekten bilden die realen Crashtests eine hervorragende Basis für die Entwicklung und Validierung von Simulationsmodellen für weitere Untersuchungen.“
Zudem geben die Ergebnisse der Crash-Tests auch mit Blick auf Normen und Teststandards für Fahrradhelme zu denken. „In heutigen Helmtests spielt nur die direkte Aufprallenergie, also die lineare Beschleunigung, eine Rolle. Wie wir mit diesen Crash-Tests gezeigt haben, müssten schräge Stöße und Rotationsbewegungen möglichst auch berücksichtigt werden“, empfiehlt der DEKRA Unfallforscher, zumal diese Belastungen nicht nur beim E-Scooter-Crash, sondern auch bei Stürzen vom Fahrrad relevant sind.
Die wissenschaftliche Veröffentlichung zu den Versuchen (in der englischsprachigen Fachzeitschrift Traffic Injury Prevention) ist hier zu finden .