Green Claims Directive: Nachhaltigkeit belegen

Author: Markus Strehlitz

10. Juli 2024 Nachhaltigkeit / EU regulations / Umwelt

Damit Unternehmen zuverlässig belegen können, dass ihre Produkte nachhaltig sind, müssen sie Daten aus vielen verschiedenen Quellen zusammentragen. Für viele ist das eine Herausforderung. Dienstleister wie DEKRA Assurance Services übernehmen diese Aufgabe.

Angaben auf Produkten zu deren Umwelteigenschaften sind mit Vorsicht zu genießen. Denn nicht immer entsprechen diese der Wahrheit: 2020 kam eine Studie der EU-Kommission zu dem Ergebnis, dass mehr als die Hälfte dieser Angaben vage, irreführende oder unbegründete Informationen enthalten. In anderen Worten: Viele Firmen betreiben sogenanntes Greenwashing, indem sie versuchen, mit dem Thema Nachhaltigkeit Kunden zu gewinnen. Und die Verbraucher könne die Angaben kaum überprüfen.
„Umweltaussagen sind allgegenwärtig: von ozeanfreundlichen T-Shirts, CO2-neutralen Bananen und bienenfreundlichen Säften bis hin zum Versand mit 100-prozentiger CO2-Kompensation“, sagt Frans Timmermans, der bis August 2023 als Vizepräsident in der Europäischen Kommission für den europäischen Green Deal verantwortlich war. „Leider entbehren diese Aussagen nur allzu oft jeglicher Nachweise oder Begründung. Dies öffnet Grünfärberei Tür und Tor und benachteiligt Unternehmen, die wirklich nachhaltige Produkte herstellen.“
Um dem Einhalt zu gebieten, hat die EU die Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel beschlossen, die seit dem 26. März 2024 in Kraft ist. Die Vorschriften müssen bis zum 27. März 2026 umgesetzt werden. Sie enthalten strengere Vorgaben für die Informationen zu den Umwelteigenschaften von Produkten und Unternehmen: Textaussagen sind in Zukunft nur noch mit Begründung möglich, bestimmte Begriffe wie etwa „grün“ oder „öko“ sind gar nicht mehr zulässig. Eine weitere Richtlinie – die Green Claims Directive – wird die Vorschriften noch ergänzen. In ihr sollen spezifischere Vorgaben für die Begründungen, die Nachprüfbarkeit und Kommunikation der Umweltaussagen verankert werden.

Falschaussagen entstehen auch aus mangelndem Wissen

Für Verbraucher sind das gute Nachrichten, für Unternehmen jedoch eine Herausforderung. Denn die Umweltauswirkungen eines Produkts in ihrer ganzen Fülle nachzuvollziehen und zuverlässig zu belegen, ist eine komplexe Aufgabe. Dazu müssen nicht nur Daten aus unterschiedlichen Systemen und Abteilungen im Unternehmen zusammengetragen werden – was schon herausfordernd genug ist. Diese müssen auch um Informationen aus externen Quellen ergänzt werden. Es reicht zum Beispiel nicht, zu wissen, wie viel Strom für die Fertigung eines Produkts verbraucht wird. Es ist auch entscheidend, wie dieser Strom erzeugt wird, den das Unternehmen für die Produktion bezieht. Falschaussagen über die Umweltauswirkungen eines Produkts entstehen daher nicht zwangsläufig aus böser Absicht, sondern häufig auch aufgrund von mangelndem Wissen. „Viele Unternehmen unterschätzen den Aufwand, alle relevante Daten zusammenzutragen“, sagt Nadine Rötzer, die bei DEKRA Assurance Services für den Bereich Produktnachhaltigkeit verantwortlich ist. Häufig griffen sie dabei außerdem auf Informationen aus dem Internet zurück, die sie nicht validieren könnten.
Gerade kleinen und mittelständischen Unternehmen fehlen häufig Kompetenzen und Personal, um die komplexen Aufgaben wie das Nachverfolgen von Material- und Energieflüssen sowie des kompletten Produkt-Lebenszyklus zu bewältigen. Aus diesem Umfeld kommen daher auch die meisten Auftraggeber von Nadine Rötzer. Denn DEKRA Assurance Services gehört zu den Expertendienstleistern, die den anspruchsvollen Job für Hersteller übernehmen.
Konkret bedeutet das, dass die DEKRA Tochter Unternehmen unterstützt, indem sie für diese etwa Studien zum CO2-Fußabdruck und zur Ökobilanz (Lifecycle-Assessment) durchführt. Auf Basis von Produkt- und Betriebsdaten und mit Hilfe von spezifischen, international anerkannten Ökobilanzdatenbanken ermitteln die Expertinnen und Experten die Umweltauswirkungen von Produkten – und zeigen dabei auch Verbesserungspotenziale auf.

Der CO2-Fußabdruck als Beispiel

Am Beispiel des CO2-Footprints erklärt Nadine Rötzer, wie sie und ihr Team dabei vorgehen. „Wir setzen uns zunächst mit dem Kunden zusammen, um seine Prozesse zu verstehen. Anschließend listen wir auf, welche Daten wir von ihm benötigen – zum Beispiel zu Strom- und Materialverbräuchen. Oder Informationen zu den Vorprodukten.“ Daraus bilden die DEKRA Experten ein Modell, das dann mit sogenannten Emissionsfaktoren verknüpft wird. „Dabei geht es nicht nur darum, wie der Strom erzeugt wird, sondern zum Beispiel auch um den CO2-Fußabdruck der Materialien, Metalle, Chemikalien, Granulate und so weiter.“ Daraus wird dann der gesamte CO2-Footprint des Produkts erstellt.

ISO-Standards geben die Richtung vor

„Wir gehen nach klaren Methoden vor und halten uns etwa an Standards wie die ISO 14044 und die ISO 14067“, erklärt Nadine Rötzer. „Zudem verfügen wir über den Zugang zu den relevanten Datenbanken, nutzen spezielle Software-Lösungen und verfügen über die Erfahrung sowie Kompetenzen, die entsprechenden Informationen bewerten zu können.“ Diese Sorgfalt braucht Zeit. Etwa drei bis sechs Monate nimmt eine Studie in Anspruch. Nadine Rötzer empfiehlt, eine solche Untersuchung alle drei bis fünf Jahre zu wiederholen. Schließlich können sich Faktoren, die Einfluss auf die Ökobilanz haben, im Laufe der Zeit ändern.
DEKRA Assurance Services hilft aber nicht nur bei der Ermittlung der Umweltauswirkungen von Produkten. Die Expertinnen und Experten bieten auch die Überprüfung der Ergebnisse an, wenn ein Unternehmen zum Beispiel selbst eine Ökobilanz erstellt hat. „Firmen können dafür Berechnungen bei uns einreichen. Aber das ist natürlich nur für Studien möglich, die wir nicht selbst erstellt haben“, erklärt die Expertin. Grundsätzlich sei es für jedes Unternehmen empfehlenswert, eigene Berechnungen überprüfen zu lassen. „So können Firmen sicher sein, dass sie alles richtig gemacht haben. Und es erhöht die Glaubwürdigkeit nach außen.“ Bei vergleichenden Aussagen zu Konkurrenzprodukten sei dies sogar von der ISO vorgeschrieben.
DEKRA prüft und verifiziert die Nachhaltigkeit von Produkten. Hier finden Sie weitere Informationen zur Prüfung von Produktnachhaltigkeit und der Verifizierung von Nachhaltigkeitsaussagen bei DEKRA.