Brandgefahr bei E-Fahrzeugen
Author: Markus Strehlitz
„E-Autos geraten schneller in Brand als herkömmliche Fahrzeuge.“ Dieses Bild ist weit verbreitet, Belege dafür fehlen aber. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall: Die Stromer liegen beim Brandrisiko hinter Verbrennern und Hybrid-Fahrzeugen.
Wer in seinem Freundes- und Bekanntenkreis über E-Fahrzeuge spricht, kommt früher oder später auch zum Thema Brandgefahr. Und dabei stellt man häufig fest: Die Meinung, dass Autos mit Elektroantrieb häufiger in Brand geraten, ist weit verbreitet. Worauf sich diese Einschätzung begründet, ist allerdings unklar. Denn es sind dazu kaum belastbare Zahlen verfügbar. „In Deutschland gibt es nicht einmal eine Statistik, wie oft Fahrzeuge überhaupt brennen“, sagt Markus Egelhaaf aus der DEKRA Unfallforschung.
Doch die wenigen Zahlen, die vorhanden sind, zeichnen ein anderes Bild als das des brandgefährdeten E-Autos. Markus Egelhaaf zieht etwa eine aktuelle Studie eines US-amerikanischen Versicherungsunternehmens heran: Diese kommt zum Ergebnis, dass – bezogen auf die Zulassungszahlen – die meisten Brandfälle bei Hybrid-Fahrzeugen auftreten. An zweiter Stelle folgen die Verbrenner. Und am seltensten fangen batterieelektrische Autos Feuer.
Dass die Hybrid-Fahrzeuge die Statistik anführen, sei kein Wunder, so Egelhaaf. Grundsätzlich ließen sich die Brandursachen in drei Gruppen einteilen: Dazu zählen die vom Antriebssystem unabhängigen Ursachen wie die klassische 12-Volt-Bordelektrik, bei der zum Beispiel Kurzschlüsse oder Gerätedefekte zum Brand führen können. Zweitens kann der gesamte Bereich Batterie inklusive Batteriemanagement und Elektroantrieb für einen Brand verantwortlich sein. Und die dritte Gruppe sind verbrennerspezifische Ursachen wie etwa defekte Kraftstoffleitungen sowie heiße Oberflächen. Bei einem Hybrid-Auto kommen alle drei Risikofaktoren zusammen. Daher ist bei diesen Fahrzeugen die Zahl der Brandfälle im Vergleich auch höher.
Brand entsteht häufig beim Laden
Doch unter dem Strich bleibt das Ergebnis, dass bei Batterie-Fahrzeugen das Risiko nicht größer ist als bei anderen Autos. Das sagen nicht nur die von Egelhaaf zitierte Studie und Erkenntnisse aus der Unfallforschung. Auch der Deutsche Feuerwehr Verband (DFV) kommt zu diesem Schluss. „Weder die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Brandes noch das Schadensausmaß sind nach derzeitigem Stand bei Elektrofahrzeugen erhöht“, heißt es in einer Pressemitteilung zu dem Thema.
Trotzdem gibt es Unterschiede zwischen den Fahrzeugarten. „Ein klassisches Verbrennerauto tendiert eher dazu, im Betrieb oder unmittelbar nach dem Betrieb in Brand zu geraten“, so Egelhaaf. Das liege etwa daran, dass während der Fahrt bestimmte Oberflächen heiß werden und nur dann Kraftstoff durch die Leitungen fließt, der bei Defekten austreten kann. Hinzu kommt, dass beim Parken das Zwölf-Volt-System größtenteils abgeschaltet ist und somit als elektrische Zündquelle nur ein geringes Restrisiko aufweist.
Wenn Elektrofahrzeuge dagegen Feuer fangen, ist dies eher im abgestellten Zustand der Fall. Und zwar dann, wenn sie geladen werden. Denn dann fließt Strom. „Und wo Strom aktiv ist, gibt es auch potenzielle Zündquellen“, sagt Egelhaaf. Die Schuld trägt aber häufig gar nicht das Fahrzeug selbst. „Brandursachen können etwa ein nicht geeignetes Ladegerät sein oder die Elektroinstallation auf der Gebäudeseite, die nicht auf das Laden von E-Autos ausgelegt ist“, erklärt Egelhaaf.
Das ist auch der Grund, weshalb in einigen Fällen darüber gestritten wird, ob E-Autos in Tiefgaragen parken dürfen. Nach Meinung von Egelhaaf spricht nichts dagegen. Insgesamt sei das Risiko, dass bei solchen Fahrzeugen ein Brand entsteht, sehr gering. Der DFV sieht das genauso: „Bei einer baurechtskonform errichteten Garage steht das Abstellen sowie das Aufladen von Elektrofahrzeugen mit einer zertifizierten Ladeeinrichtung nicht im Widerspruch zu den geltenden Vorgaben des Bauordnungsrechts“, heißt es in der Pressemitteilung. „Das Sperren einer Garage für alternativ angetriebene Pkw ist aus brandschutztechnischer Sicht deshalb nicht angezeigt.“
Thermal Runaway – Kurzschluss in der Zelle
Wenn Batterien in Brand geraten, geschieht dies entweder durch mechanische Beschädigung – etwa durch einen Unfall – oder durch Schäden innerhalb einer Zelle. Diese können zum so genannten Thermal Runaway führen. Dabei handelt es sich um einen Kurzschluss innerhalb der Batteriezelle, der zu einer chemischen Reaktion und einem extremen Temperaturanstieg führt. Dies hat zur Folge, dass die Zelle irgendwann platzt und brennbares Gas freisetzt, das sich durch die hohe Temperatur entzünden kann. Der Temperaturanstieg schädigt zudem die benachbarten Zellen im Batteriepack und kann dort erneut einen Thermal Runaway auslösen.
Trotz dieser Besonderheiten heißt das aber nicht, dass bei jedem Fahrzeugbrand auch zwingend die Batterien betroffen sind. „Brandversuche zeigen, dass Lithium-Ionen-Akkus erst über einen längeren Zeitraum von außen erhitzt oder stark mechanisch beschädigt werden müssen, um eine interne Reaktion zu starten“, heißt es in einem Hinweisblatt der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), das sich speziell mit der meist verbreiteten Batterieart – nämlich Lithium-Ionen-Akkus – beschäftigt.
E-Auto: So löscht die Feuerwehr
Auch brennende E-Fahrzeuge lassen sich von der Feuerwehr löschen. Allerdings kann dies etwas schwieriger sein als die Brandbekämpfung bei herkömmlich angetriebenen Autos, denn Hochvoltbatterien sind in der Regel in einem wasserdichten Gehäuse eingebaut. „Deshalb kann aufgebrachtes Löschwasser den Brandherd bei einem Brand innerhalb eines mechanisch nur unwesentlich beschädigten Lithium-Ionen-Akkus nicht erreichen“, so die DGUV. „Auch eine externe Kühlung ist kaum wirksam, da die Zellen zum Außengehäuse zunehmend thermisch isoliert sind.“
Doch dafür gibt es Lösungen. Mit speziellen Geräten wie etwa Löschlanzen kann das Löschmittel in die Batterie eingebracht werden. Das setze aber voraus, dass die Einsatzkräfte der Feuerwehr entsprechend ausgebildet sind, so Egelhaaf.
Um die Faktenlage rund um die Brandgefahr von E-Autos zu verbessern, arbeitet DEKRA gerade an einer Studie, wie Egelhaaf berichtet. In dieser sollen Benzin-, Diesel-, Hybrid- und rein-elektrische Fahrzeuge bezüglich des Brandrisikos miteinander verglichen werden. Künftig wird es also mehr verlässliche Daten zu diesem Thema geben.