Berufskraftfahrer dringend gesucht

Author: Georg Weinand

05. März 2025 Training / Transport & Verkehr

Teilnehmer, die die Berufskraftfahrerausbildung von DEKRA in Norderstedt durchlaufen, haben quasi eine Jobgarantie. Das liegt insbesondere an zwei Faktoren – dem Mangel an Fahrern in Europa und an der Qualität der DEKRA Ausbildung.

Ein Dank, der auf vier Rädern rollte: Als ein schwarzer Lkw unerwartet hupend auf den Hof des DEKRA Servicecenters in Norderstedt fuhr, fragte sich Standortleiter Ingo Sonntag zunächst verärgert, warum der Fahrer am Steuer so einen Lärm veranstaltet. Doch schnell erkannte er Erich Müller*, der sich mit seinem Besuch noch einmal für seine erfolgreiche Ausbildung bedanken wollte. Dank der Berufskraftfahrerschulung bei DEKRA hatte er eine Anstellung bei einem renommierten Logistikunternehmen gefunden, das sich auf den Transport von Luxus- und Sportwagen spezialisiert hat. Ein Jackpot für jeden Fahrer.
Seit Jahrzehnten bildet das Servicecenter Hamburg Berufskraftfahrer aus und kooperiert dabei mit privatwirtschaftlichen Unternehmen, öffentlichen Nahverkehrsunternehmen sowie dem Jobcenter Hamburg. „Die Nachfrage nach der Ausbildung ist hoch, und wir erleben immer wieder, dass Unternehmen aktiv auf uns zukommen, um neue Fahrer zu rekrutieren“, sagt Sonntag. Inzwischen sind auch die Einstiegsgehälter in der Branche attraktiver geworden: „Gehälter zwischen 3.200 und 3.800 Euro brutto sind keine Seltenheit mehr.“
Besonders eng arbeitet DEKRA mit der Hamburger Hochbahn AG zusammen, für die jährlich 80 bis100 Busfahrerinnen und Busfahrer ausgebildet werden. Die Bewerber kommen entweder direkt über das Unternehmen oder werden durch das Jobcenter vermittelt. Für Quereinsteiger gibt es zudem die Möglichkeit, die Ausbildung mit einem Bildungsgutschein zu absolvieren.

Migranten bekommen intensiven Deutschunterricht

Jährlich durchlaufen etwa 150 Teilnehmer die Ausbildung zum Berufskraftfahrer, hinzu kommen rund 30 Personen, die sich auf eine Tätigkeit als Servicefahrer vorbereiten. Ein steigender Anteil der Teilnehmer sind Migranten, insbesondere aus der Ukraine. „Um sicherzustellen, dass sie sich später im Berufsalltag verständigen können, absolvieren sie während der Ausbildung 200 Stunden Deutschunterricht“, erklärt Sonntag. Darüber hinaus durchlaufen alle Teilnehmer eine arbeitsmedizinische Untersuchung, die Seh- und Reaktionstests umfasst, sowie eine Prüfung des Punktekontos in Flensburg.
Die Ausbildung erfolgt nach strengen gesetzlichen Vorgaben und beinhaltet neben Theorie und Fahrstunden auch die beschleunigte Grundqualifikation sowie eine theoretische und praktische Prüfung. Anschließend folgt eine dreimonatige Praktikumsphase in den Unternehmen, in der die Fahrschüler ihr Wissen in der Praxis unter Beweis stellen müssen. Gerade im öffentlichen Nahverkehr sind neben dem sicheren Fahrzeughandling weitere Kompetenzen erforderlich: „Unsere Busfahrer müssen nicht nur den Stadtverkehr beherrschen, sondern auch den Linienbetrieb verstehen, den Funkverkehr korrekt umsetzen und mit Fahrgästen kommunizieren können“, so Sonntag.

Quasi eine Jobgarantie

Seit der Gründung der DEKRA Akademie im Jahr 1981 ist die Ausbildung von Berufskraftfahrern das Kerngeschäft des Servicecenters in Norderstedt. Absolventen haben hervorragende Jobaussichten: „Wer die Ausbildung erfolgreich abschließt, bekommt in der Regel eine Anstellung“, sagt Sonntag. Denn die Branche leidet unter Fahrermangel. Laut Schätzungen fehlen in Deutschland derzeit rund 60.000 bis 80.000 Berufskraftfahrer – eine Lücke, die sich durch den wachsenden Online-Handel und steigende Transportvolumina weiter vergrößern dürfte. Prognosen der Internationalen Straßenunion (IRU) gehen davon aus, dass bis zum Jahr 2027 sogar etwa 185.000 Berufskraftfahrer in Deutschland fehlen könnten. Doch der Fahrermangel ist auch ein europäisches Problem: 550.000 Fahrer fehlen derzeit auf dem Kontinent. Ohne geeignete Gegenmaßnahmen könnte dieser Mangel in den nächsten fünf Jahren sogar noch um 17 Prozent zunehmen. Zwar ist das Interesse an der Ausbildung hoch, doch die Arbeitsbedingungen schrecken potenzielle Bewerber oft ab. Lange Arbeitszeiten, Staus und Wartezeiten bei Be- und Entladung machen den Beruf weniger attraktiv. Frauen sind in der Branche nach wie vor unterrepräsentiert: Ihr Anteil beläuft sich auf etwa sechs Prozent. Auch der Anteil der unter 25-jährigen Fahrer liegt lediglich bei fünf Prozent.
Die Ausbildung bei DEKRA setzt auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Theorie und Praxis sowie eine enge Anbindung an die Anforderungen der Unternehmen. „Unsere Schulung basiert auf den gesetzlichen Vorgaben, aber wir können bestimmte Module, etwa zur Ladungssicherung, an betriebliche Gegebenheiten anpassen“, erläutert Sonntag. Allerdings müssen solche Anpassungen genehmigt werden, was zusätzliche Kosten verursacht. In der Praxis bevorzugen Unternehmen daher meist standardisierte Module, die eine flexible Einsatzmöglichkeit der Fahrer gewährleisten.
Ein selbstfahrender Lkw, der den Fachkräftemangel kompensiert? Laut Sonntag bleibt das Zukunftsmusik: „Gerade im Straßengüter- und Personenverkehr wird es noch Jahrzehnte dauern, bis automatisiertes Fahren flächendeckend etabliert ist.“ Die Ausbildung qualifizierter Fahrer bleibt also weiterhin essenziell für die Transport- und Logistikbranche. Und so kann sich Ingo Sonntag wohl bald wieder auf einen glücklich hupenden Fahrer auf seinem Betriebshof freuen.
*Name von der Redaktion geändert