Aquaplaning – Im Ernstfall richtig reagieren
Author: Bianca Leppert
Starkregen tritt in Folge der globalen Klimaerwärmung mittlerweile häufiger auf, als wir es von früher gewohnt sind. Dabei müssen Kraftfahrer öfter mit Aquaplaning rechnen. Wie es entsteht und wie man sicher durchkommt.
Extremwetter ist in West- und Mitteleuropa zur Gewohnheit geworden. Klimaforscher prophezeien, dass diese Ereignisse mit fortschreitendem Klimawandel weiter zunehmen. Je mehr sich die Atmosphäre erwärmt, desto mehr Luftfeuchtigkeit kann sie aufnehmen. Das führt wiederum zu höheren Niederschlagsmengen.
Das hat auch Auswirkungen auf die Sicherheit im Straßenverkehr. Bei starken Gewittern und heftigem Regen tritt oft Aquaplaning auf. Das Gefühl vom Fahren wie auf Eis kennen viele. Doch was passiert dabei genau? „Zwischen Fahrbahnoberfläche und Reifen bildet sich ein Wasser-Keil“, erklärt Christian Koch, DEKRA Sachverständiger für Unfallanalytik sowie Reifen und Räder. „Wenn die Fahrbahn nur feucht ist, wird das Wasser vom Reifen ausreichend verdrängt. Bei Pfützen und Starkregen bildet sich jedoch eine dickere Wasserschicht zwischen Reifen und Fahrbahn. Schafft es der Reifen nicht, das Wasser zu verdrängen, geht der Kontakt zwischen Reifen und Fahrbahn verloren.“
Das passiert bei Aquaplaning
Die Folge: Lenk- oder Bremskräfte werden nicht mehr übertragen. „Aquaplaning findet in der Regel an der Vorderachse statt“, sagt Koch. „Da besteht die größte Gefahr, weil sie zuerst in die Pfütze reinfährt.“ Man bekommt das Gefühl, machtlos zu sein. Durch die fehlende Verbindung zum Asphalt helfen auch Assistenzsysteme wie das Antiblockiersystem (ABS) oder das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) nicht mehr. Selbst Profis wie der Safety-Car-Fahrer der Formel 1, Bernd Mayländer, kennen diese Situationen. „Das Fahrzeug fühlt sich leichter an, man verliert an Bodenhaftung und die Lenkung scheint ganz leicht zu gehen, es bewegt sich aber nichts“, beschreibt er die Erfahrung hinter dem Steuer. Er hat es sogar einmal während einer Safety-Car-Phase beim Grand Prix von China erlebt, als er durch eine große Pfütze auf der Rennstrecke fahren musste.
Für den Alltag im Straßenverkehr gibt es gleich mehrere Faktoren, auf die man achten sollte. Zum einen sollte die Profiltiefe des Reifens regelmäßig kontrolliert werden. Experte Christian Koch sagt: „Die ist entscheidend bei der Frage, wie viel Wasser der Reifen aufnehmen kann. Das Volumen ist geringer, wenn ich den Reifen bis zur gesetzlichen Mindestprofiltiefe abfahre. Davon raten wir entschieden ab.“ Er empfiehlt nicht weniger als 3 Millimeter Profiltiefe. Wer rund 10.000 Kilometer im Jahr fährt, sollte einmal im Jahr den Check machen – etwa beim Reifenwechsel. Zudem kann es helfen, die Straßenbeschaffenheit zu beobachten. „Je bescheidener die Straßenbeschaffenheit, desto eher bilden sich lokale Pfützen“, sagt Koch. Auch die Geschwindigkeit ist laut dem Unfallanalytiker ein Einflussfaktor. Ab 80 km/h werde es heikel. Da helfe auch kein neuer Reifen mehr.
Wichtige Tipps zum Verhalten bei Aquaplaning
Kommt es tatsächlich zu Aquaplaning, gilt es einige Tipps zu beachten. „Man sollte generell keine ruckartigen Bewegungen machen und mit viel Fingerspitzengefühl agieren", sagt Safety-Car-Pilot Mayländer. „Ich rate dazu, vorsichtig vom Gas zu gehen. Denn wenn man die Geschwindigkeit zu schnell zu extrem reduziert, verändert sich die Balance des Fahrzeugs. Harte Lenkbewegungen oder hartes Bremsen sind ebenfalls nicht zielführend. Wichtig ist die Blickführung. Ich schaue und lenke dahin, wo ich hinmöchte. Aber mit Gefühl.“ DEKRA Experte Christian Koch empfiehlt zusätzlich, die Kupplung zu treten oder beim Automatikgetriebe die Stufe N zu wählen. „So übertrage ich keine Kraft mehr. Denn wenn etwa beim Automatikgetriebe ein Gang runtergeschaltet wird, kann das schon ausreichen, das Auto in die Drehung zu versetzen“, sagt er.
Ziemlich viel zu bedenken in einer so hektischen Situation. Im Zweifel ist auch noch die Sicht eingeschränkt und der Scheibenwischer läuft auf Hochtouren. Die gute Nachricht: Die Pfütze endet irgendwann und die Reifen haben wieder Grip. Auch wenn man sich nicht auf jede Situation vorbereiten kann, hilft es, ein Fahrertraining zu absolvieren. „Die erste Reaktion ist in Gefahrensituationen sehr wichtig", sagt Mayländer. „Und in einem Fahrertraining übt man unter anderem genau diese Reaktionsgeschwindigkeit."